Bad Nenndorf "wagen"

Erinnerungen an einen jüngst verstorbenen Vereinskameraden

Diese Zeilen schreibe ich im Gedenken eines Sportkameraden, der vor ca. 30 Jahren für, wenn meine Erinnerung nicht täuscht, etwa vier bis fünf Jahre ein Mitglied des BGC Bremen war. Damals hat er in der Jugend-Kategorie begonnen zu spielen, um anschließend in die der Herren zu wechseln. Ich nenne ihn hier einfach mal M.
Ich hatte sehr gehofft, ihn als Ehemaligen zu unserem Jubiläumsturnier begrüßen zu dürfen, nun ist er Anfang Februar dieses Jahres mit nur 47 Jahren verstorben.

Damals spielte ich als einzige BGClerin in der Rangliste und noch in der Damenkategorie. Da ich keinen Führerschein besitze, waren die Anfahrten z.B. nach Northeim, Göttingen oder Goslar immer mit dem Zug zu erledigen. Übernachtet habe ich möglichst in der Nähe des Golfplatzes und wenn möglich auch privat bei Mitspielerinnen. Das war immer ein logistisches Problem. Zug fahren mit ein- oder zweimal umsteigen stellte eine kleine Herausforderung dar. Bewaffnet mit einem Ballkoffer, dieser dreimal mit Bändern gesichert, damit er sich nur nicht während des Ein- oder Aussteigens womöglich öffnet und seine wertvolle Fracht auf dem Bahnsteig oder auf den Gleisen verliert. Dazu eine Reisetasche mit den nötigen Utensilien, die Balltasche, der Schläger und oftmals noch ein Schlafsack.

So ist es bestimmt gut zu verstehen, dass ich sehr froh war, als M. sich nun auch für die Teilnahme an der Herrenrangliste qualifiziert und soeben seine Führerscheinprüfung bestanden hatte.
Die nächste Rangliste sollte in Bad Nenndorf stattfinden, damals noch auf der Anlage in der Kramerstraße. Gleich neben dem so vielen Golfern bekannten Griechen.

Auf die Frage, ob ich es denn „wagen“ wolle, mit ihm diese Fahrt zu unternehmen, konnte nur ein „ja klar“ folgen.
Los ging es am Samstagmorgen. Papa hatte sein Auto zur Verfügung gestellt. Auf der A27, kurz hinter Verden bemerkten wir vermehrt überholende Autofahrer, die immer auf unseren Wagen zeigten. Zur Sicherheit beschloss mein jugendlicher Fahrer den nächsten Rastplatz anzufahren. Da sahen wir die Bescherung: Der linke Vorderreifen war platt. Ich erinnere mich heute nicht mehr, welche Marke unser Automobil hatte, jedenfalls keine, in dem ich je zuvor mitgefahren war. Wir suchten nach einer Bedienungsanleitung im Handschuhfach – nichts. Aber irgendwo muss doch das Reserverad sein? Wir öffneten die Motorhaube – ein Motor, öffneten den Kofferraum – unsere Golfutensilien und die Reisetaschen. Wo war das Reserverad????


Aber schnell gehandelt, wurde der ADAC angerufen und nach recht kurzer Wartezeit traf der gelbe Engel auch bei uns ein. Öffnete den Kofferraum, wir entnahmen ihm unser Gepäck, eine Bodenmatte wurde hochgehoben, eine Klappe geöffnet und unsere erstaunten Blicke fielen auf das Reserverad. Erstaunt war allerdings auch der Blick unseres Retters. Entsetzt sagte er:“ Der hat ja überhaupt kein Profil mehr. Bis zur nächsten Tankstelle und dann muss ein neuer Reifen dran. Weiter keinesfalls.“


Na ja, logisch, dass wir bis nach Bad Nenndorf fuhren, blieb uns auch nichts anderes übrig. Wir trainierten den Rest des Tages eifrig und nachdem wir abends im Lokal unser Abendessen verspeist hatten, machte sich mein Chauffeur mit einem flauem Gefühl im Magen auf den Weg zum Telefon, um Papa von dem Handicap zu berichten.
Nach einigen Minuten kam er frohen Blickes zurück und berichtete, dass Papa nur gesagt hatte: „Mein Gott, Junge, der Reifen hat ja überhaupt kein Profil mehr!“


Wie unsere Ergebnisse am nächsten Tag waren, entzieht sich meiner Erinnerung. Aber gut im Gedächtnis geblieben ist mir, dass zum Ende der Tour, natürlich mit dem alten Reifen, sich auch der Tankinhalt dem Ende zuneigte und M. mit breitem Grinsen meinte: “Jetzt tank ich aber nur für 5,-- DM, den vollen Tank zahlt Papa!“

Geschrieben von zu jener Zeit Birgit Miglitsch